12. Dezember 2013
von bgb
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Advent, Advent, ein Koalitionsvertrag brennt?

Das 14. Türchen des SPD-Adventskalenders hat eine ganz besondere Überraschung parat. Nicht etwa ein extra großes Stück Schokolade für Sigmar Gabriel, nein, das Ergebnis des Mitgliedervotums liegt dann vor. Juhu, endlich erfahren wir, ob es eine große Koalition geben wird!

Nach jahrelangen Streitigkeiten um den Koalitionsvertrag und unzähligen Wochen der Basisbefragung stand das Ergebnis am letzten Samstag fest; zur Erinnerung, die Bundestagswahl fand am 22. September vor fast drei Monaten statt. Zur Auswahl gab es entweder die Koalition von Union und SPD, also eine Amtsperiode voller Leid und Elend und Inhaltslosigkeit, oder im schlimmsten Fall sogar weitere Verhandlungen und elendig lange Streitigkeiten. Bitte Basis, erlöse uns von dem Bösen! Beide Möglichkeiten sind nicht das Ideal für eine erfolgreiche deutsche Zukunft. Doch damit müssen wir leben. Das hat sich der Deutsche schließlich selbst zuzuschreiben. Wähl doch nächstes Mal bitte anständig, oder willst du wirklich so ein Gruselkabinett über deine Zukunft entscheiden lassen? Hoffentlich nicht.

Es bleibt festzuhalten, dass Sigmar Gabriel bis zum Schluss für die GroKo gekämpft hat, warum auch immer. Dieser Mann ist ein Rätsel, doch genau das macht ihn so unberechenbar. Er war derjenige, der seine Basis motivierte, so dass über 70 Prozent an der Abstimmung teilnahmen. Was ihn dazu angetrieben hat, dass die Basis ihre Prinzipien über den Haufen werfen soll, ist auch wieder ein Gabrielsches Rätsel. Mensch, dieser Gabriel, was wissen wir eigentlich über ihn?
Auf jeden Fall zeigte sich deutlich, dass diese Wahl historisch bedeutender als die Bundestagswahl war. Auch wenn man es kaum glauben mag, aber das Mitgliedervotum war spannender als alles andere in diesem Jahr, es war sozusagen das Highlight 2013, nicht einmal die NSA war interessanter.

Doch wie hat sich die Basis nun entschieden? 76% der abgegebenen Stimmen fielen für den Koalitonsvertrag von Union und SPD aus. Haben es also die Rentner geschafft ihr Kreuzchen zu machen, um anderen Jüngeren das Glück zu ermöglichen, mit 63 in Rente gehen zu können. Wie selbstlos! Das ist gelebte Solidarität! Das ist Sozialismus! Herzlichen Glückwunsch an dieser Stelle an CDU und SPD, die nun nach 84 Tagen offiziell eine Regierung bilden können. Nun können sie endlich legal nichts tun. Alle freuen sich über den glücklichen Ausgang der Abstimmung, sogar die Kanzlerin hob ihre Mundwinkel zu einem Lächeln und das will was heißen. Hoffnungsvoll kann das deutsche Volk, vertreten durch eine einzigartige Regierung, Richtung Zukunft schauen. Wir können uns auf die PKW-Maut für Ausländer, die Mütterrente sowie die Rente ab 63 und viele andere sinnlose Vereinbarungen freuen. Die 18. Legislaturperiode wird eine ganz besondere, mit viel Herz, Freude und Spaß, zumindest, wenn Sie kein Steuerzahler sind (genau, Sie sind gemeint, Herr Hoeneß!). Wenn doch, dann werden diese vier Jahre sehr teuer.

Eine letzte Frage bleibt jedoch noch ungeklärt: Was hat die Basis dazu getrieben für die GroKo zu stimmen? Haben die denn gar nichts aus den vorherigen Jahren gelernt? 2005 war die SPD am Boden, 2012 ist die FDP zerstört worden, sie hat es nicht einmal wieder in den Bundestag geschafft. Erkennt denn keiner das Muster? Jede Partei, die mit der Union unter Mutti koaliert hat, war nach den vier Jahren nicht mehr dieselbe. Pardon, eigentlich schon dieselbe, nur eben sehr, sehr viel kleiner und nicht wieder zu erkennen. Wie ein Vampir saugen Mutti & Co. ihre Koalitionspartner aus, lassen sie dann verblutet liegen und suchen sich ihr nächstes Opfer: diesmal wieder die SPD. Wer hätte es gedacht, die SPD ist aber auch naiv! Demnächst muss man das Sprichwort umformulieren: nicht der Gärtner ist immer der Mörder, sondern die ostdeutsche Kanzlerin. Man zeigte sich in der SPD-Spitze zwar zunächst noch kämpferisch, doch mit diesem Entscheid hat die Basis kopflos das Schicksal der Partei besiegelt. Es droht die Gefahr, erneut alle sozialdemokratischen Überzeugungen über Bord geworfen zu kriegen. Das ist fast schon bemitleidenswert. Die arme SPD. Immerhin kann sie sich nun als traditionell und modern bezeichnen, sie ist die erste Partei, die einen Mitgliederentscheid durchgeführt hat. Ein Erfolg, wie er in Zukunft nur noch selten vorkommen wird, der auch noch ad absurdum geführt wird, betrachte man das Durchschnittsalter der Abnicker, äh Mitglieder.

Während man also immer weiter in den Schatten der Union rücken wird, kann Mutti erneut das Land regieren und die SPD langsam aber sicher so unterdrücken und terrorisieren, bis diese sich nichts Sehnlicheres als das Ende wünschen wird. Doch was genau den Sozialdemokraten blüht, das weiß nur Merkel allein.

8. Dezember 2013
von Henri Koblischke
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Neue EU-Ostpolitik

Da werden die Sektkorken in Brüssel knallen. Viel Europabegeisterung sieht man nicht alle Tage in Spanien, Griechenland, Portugal; eigentlich überall. Doch in der Ukraine ist eben dies in Gange. Das Volk will Kurs nehmen auf Europa. Die Menschen bauen Barrikaden, rebellieren gegen die verhasste Staatsmacht, Boxer Klitschko inszeniert sich als Mann des Volks. Auslöser der Proteste ist das Assoziierungsabkommen mit der EU, das Präsident Janukowitsch nicht unterschrieben hat. Mit dem geplanten Assoziierungsabkommen hat er, wie wir jetzt wissen, mit der EU geflirtet, den Preis hochgetrieben, um sich dann vom russischen Bären finanzielle Hilfen zu ergattern. Da sieht Europa ziemlich alt aus.

Doch neben dem Abkommen mit der Ukraine sind noch weitere gescheitert, ebenfalls mit umworbenen Ostpartnern. Offenbar scheint die “europäische Idee” im Moment nicht sonderlich sexy zu sein.

Doch wie kann das sein? Wie man sich anhand der Ukraine denken könnte, so spielt Geld eine wichtige Rolle. Russland hat die höheren Finanzhilfen angeboten, doch eine Aufnahme in den europäischen Binnenmarkt, ist ein Geldsegen und Wirtschaftsmotor. Wovon profitiert sein Land eher: von einer Zollunion mit der Europäischen Union oder einer Zollunion mit Russland und ein paar anderen ehemaligen Ostblockstaaten? Seltsam. Oder sind es doch Menschenrechte und Rechtsstaat mit dem man da im Osten nicht kann? Hat nicht vielmehr der böse Putin Schuld daran, dass der liebe Europäer nun doch keine Annäherung mit der Ukraine zelebrieren kann?

Nein, denn die Schuld sollte man nicht bei den anderen suchen, sondern zuerst bei sich selbst, wo man in diesem Fall fündig wird. Niemand hat ernsthaft das Gefühl, dass die EU einen Beitritt der Ukraine oder anderer osteuropäischer Länder herbeisehnt, sie als wichtigen Teil Europas sieht. Es scheint, als sehe die EU die Annäherung als Selbstzweck, als Prestigeprojekt, als verzweifelte Versicherung, dass die europäische Idee immer noch attraktiv ist.

Folglich bleibt nur eine neue EU-Ostpolitik, um demnächst mal erfolgreich zu sein. So wie sich die EU im Moment präsentiert, kann es nicht weitergehen. So ist der Ukraine zwar Wirtschaftshilfe angeboten worden, allerdings lächerlich wenig. Wann war Angela Merkel eigentlich das letzte Mal in Kiew? (Zur EM? Mit Janukowitsch über den zukünftigen Kurs des Landes gesprochen hat sie bestimmt nicht.) Sonderlich bemüht hat man sich nicht. Das Zuckerbrot hat bisher gefehlt.

Und die Peitsche auch. Allein schon aus Gründen der Glaubwürdigkeit und des Selbstanspruches wäre es wichtig gewesen, offensiver die Problematik der Menschenrechte und des Rechtsstaates anzugehen. Partnerschaft um jeden Preis soll es auch nicht sein. Weißrussland, dem man ebenfalls ein Angebot gemacht hat, als Partner Europas? Ohne das sich in dem totaliären Land etwas ändert? Nein, Danke.

Die EU muss natürlich die Vorteile sehen und hervorheben, doch als Selbstzweck mit Staaten, die so etwas wie den Rechtsstaat, siehe causa Timoschenko, eher belächeln funktioniert ebenso wenig wie paktieren. Die EU braucht endlich wieder eine klare Linie: Wirtschaftliche und politische Kooperation zum beiderseitigen Vorteil mit der Option des Beitritts, was bei der Ukraine versäumt worden ist. Im Gegenzug müssen aber die demokratischen, rechtsstaatlichen Elemente gestärkt werden.

Die möglichen zukünftigen Partner müssen wissen, was sie erwartet, in einer Union, die sich doch den Friedensnobelpreis erhalten hat und die Demokratie verehrt. Das zu kommunizieren, ist bisher nicht gelungen. Schade, doch die Ukraine und die anderen östlichen Länder wird es auch im neuen Jahr noch geben: Zeit und Möglichkeit eine neue Ostpolitik zu voranzutreiben.