8. Dezember 2013
von Henri Koblischke
Keine Kommentare

Nachtrag zum FDP-Parteitag

Vom Volk gehasst, von der Presse durch den Dreck gezogen, vom Wähler aus dem Parlament geworfen und anschließend Häme von allen zusammen erhalten. Als FDPler lebt es sich zur Zeit grausig. Von knapp fünfzehn auf unter fünf Prozent binnen vier Jahren. Nur die SPD schlägt die FDP in der Kategorie Sturzflug. Nun darf die FDP erstmals seit Gründung der Bundesrepublik außerparlamentarische Luft schnuppern. Christian Lindner, der frisch gewählte Parteichef, hat das Glück nun den neuen Hoffnungsträger der Liberalen geben. Er soll die FDP zurück in den Bundestag führen und nebenbei noch die Europa- und einige Landtagswahlen (möglichst) erfolgreich bestreiten.

Wieso die FDP gescheitert ist, dazu gibt es sowohl inner- als auch außerparteilich eine Vielzahl an Meinungen. Unglaubwürdig, opportunistisch, Lobby der Reichen, keine Werte und Überzeugungen mehr. Die Liste der Gründe und Sünden lang.
Damit die Freien Demokraten wieder eine Rolle spielen, sind zwei Dinge zu beachten.

Die FDP muss sich wieder lösen aus dem rechten Lager, an das sie sich gekettet hat. Lange Zeit war die Partei Genschers Experte in Sachen Überlaufen sowie das Zünglein an der Waage und an den meisten deutschen Regierungen beteiligt. Dass sich die FDP an die Union gekettet hat, war ein Fehler. Neue Koalitionen müssen nun angegangen werden oder alte wiederbelebt werden. Man erinnere sich an die sozialliberale Koalitionen unter Brandt und Schmidt. Wieso soll hier liberale Politik unmöglich sein?

Womit wir zum zweiten Punkt kommen. Die FDP muss sich weg bewegen von der schlechten Angewohnheit, Liberalismus nur auf die Wirtschaft zu beziehen. Ganz aktuell hätten wir ihn wieder nötig, den liberalen Gedanken; die USA spionieren uns aus und was macht die GroKo? Sie bekennt sich zur Vorratsdatenspeicherung. Homo-Ehe, Integration, alles Themen, die von Grund auf liberal sind, die aber vom linken Lager okkupiert wurden, weil die FDP sich dem Neoliberalismus verschrieb und damit alles andere aufgab. Die FDP muss wieder die FDP werden.

Nun hat sich die abgestrafte Partei auf ihrem Parteitag neu aufgestellt. Mit Parteichef Lindner und seinem neuen Stellvertreter, Nordlicht Kubicki, hat die FDP endlich wieder Symphatieträger. Beide sind rethorisch versiert, glaubwürdig und haben sich bei den Landtagswahlen gut geschlagen, haben die Partei motiviert. Doch zugleich steht auch die Kraftprobe mit den Eurokritikern innerhalb der Partei an. Außerhalb der Partei besitzt die FDP mit der Afd eine ernstzunehmende Konkurrenz. Doch auch von ganz anderer Seite droht Gefahr. Was, wenn sich die Grünen entscheiden, sich mit liberalen Elementen zu versehen? Auch die SPD wittert die Gelegenheit, ruft auf Sozialdemokrat zu werden, um liberale Politik zu machen.

Ein hartes Stück Arbeit wartet auf die Liberalen. Der Weg ist lang und hart, es wird Rückschläge geben, doch eins kann der FDP Mut machen: Schlimmer kann es nicht mehr werden.

6. Dezember 2013
von Henri Koblischke
Keine Kommentare

Frankreich und die Krise

Für alle, die es über den Wahlkampf vergessen haben: Die Eurokrise tobt in Europa. Sie zu bewältigen ist eine Mammutaufgabe. Zu viel für eine Person. Zu viel für einen Kommissionspräsidenten á la Barroso, für einen Ratspräsidenten van Rompuy, selbst für Merkel, der von ihrer Partei wahrscheinlich Superkräfte zugesprochen werden. Zum Glück ist Europa ein Gemeinschaftsprojekt mehrerer Staaten. Ganze 28 Staaten sind vertreten. Diese Staaten tragen alle zur Krisenbewältigung bei, ein Umstand der von deutschen Medien gerne mal verschwiegen wird.

Doch manche mehr als andere. Deutschland zum Beispiel, das über die Eurokrise zur “Wachstumslokomotive” und europäischen Supermacht aufgestiegen ist. Doch Deutschland alleine ist nicht mächtig genug, es braucht Partner, von denen Frankreich ein besonders wichtiger ist. Ohne Frankreich geht nur wenig in Europa. Mit Frankreich beinahe alles. Doch dieser für Deutschland und Europa so wichtige Partner schwächelt. Und das gewaltig.

Wirtschaftswachstum ist für die französische Regierung ein mysthischer Begriff jenseits der Realität. Die Arbeitslosenquote ist zweistellig und die Industrieproduktion stürzt ab. Zudem belastet eine gewaltige Staatsverschuldung den öffentlichen Haushalt. Doch zugleich hat der Staat Spendierhosen an, die Staatsquote liegt bei 56 Prozent. Die Leistungsbilanz ist negativ. Wie die wirtschaftliche Stagnation aufhalten und die “grande nation” auf den aufsteigenden Ast führen? So wie jetzt gehandelt wird, überhaupt nicht. Die Rente mit 62 bleibt erhalten und der Arbeitsmarkt ist ebenso starr wie eh und je. Doch Frankreich muss sparen, denn sonst wird die EU-Kommission, trotz vorläufigen Aufschubs, ernsthafte Schritte gegen Europas zweitgrößte Volkswirtschaft einleiten.

In diesen Zeiten Lösungen auf Probleme anzubieten mag schwierig genug sein, doch mit einer Bevölkerung im Rücken die Reformen fürchtet und das politische System verachtet, ist es fast unmöglich. Hollande muss um seine berufliche Zukunft fürchten. Nur ein Fünftel der Franzosen ist einverstanden mit dessen Politik. Ein neuer Negativrekord in Frankreich. Zuguterletzt könnte der rechtsextreme “Front national” bei den nächsten Wahlen 2017 noch vor den Sozialisten an erster Stelle landen.

Die Krise, in der Frankreich steckt, lässt sich nur schwer lösen, besonders, wenn eine Regierung möglichst wenig Leute verprellen will, die ohnehin schon sauer sind. Endlich mal eine Initiative wäre wünschenswert, doch es bleibt Hoffnung. Wenn sich die Eurokrise beruhigt und der Süden wirtschaftlich erstarkt, wird auch Frankreichs Wirtschaft profitieren und wieder auf die Beine kommen. Wie jedoch die Eurokrise mit einem angenockten Frankreich bewältigen? Ein Teufelskreis.

Vorausgesetzt Frankreich entdeckt keine Ölquellen vor der Küste, gibt es keine andere Möglichkeit: Reformen. Wird Hollande diese seinem Volk zumuten, werden seine Sozialisten so enden wie die deutsche SPD, oder wird er tun, was er immer tut. Nämlich wenig.